Erfahrungsbericht: Krankenpflegepraktikum in Argentinien
Schon seit Kindesbeinen an habe ich gewusst, dass ich Ärztin werden wollte und im Endeffekt kann ich aber nur sagen: ich habe mich noch nie in meinem Leben so lebendig und so frei gefühlt wie in Argentinien. Die Angst, ich könnte keine Freunde finden, hat sich sofort verflüchtigt, als ich durch die Türen des Teilnehmerhauses getreten bin: eine ganze Heerschar von Leuten ist sofort herbeigewuselt und hat mich herzlich begrüßt. Die Stimmung war einmalig entspannt und die vielen ausgelassenen Nächte in Discos oder einfach nur bei Vollmond auf der Dachterrasse werden mir auf ewig in Erinnerung bleiben.
Aber auch die gemeinsamen Ausflüge zu den weltweit größten Wasserfällen von Iguazú, zum Nationalpark Talampaya und Ischigualasto (Wüste), in die Tango-Metropole Buenos Aires mit Kurztrip ins paradiesische Colonia del Sacramento in Uruguay und die Reit- und Wanderausflüge in den Sierras von Córdoba waren absolute Highlights. Man merkt also schon – allein schon landschaftlich gesehen ist Argentinien jede noch so anstrengende Anreise wert. Denn so viel Abwechslung, Weite und einmalige Schönheit findet man bei uns in Europa garantiert nicht.
In Córdoba selbst habe ich zunächst den vierwöchigen Sprachkurs besucht, der von richtig netten und kompetenten Spanischlehrern auf sehr gutem Englisch gehalten wurde. Allerdings wurde ich am Ende der vier Wochen auch etwas desillusioniert, als ich gemerkt habe, dass die kurze Zeit halt doch nicht genug ist, um fließend spanisch sprechen zu können. Richtig verbessert haben sich meine Sprachfertigkeiten eigentlich erst während meiner Zeit des Praktikums im Hospital in Córdoba.
Nur eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt, liegt das Krankenhaus recht nahe an unserem Hostel. Dort habe ich vor allem im Gespräch mit den Patienten begonnen, das Gelernte richtig anzuwenden und flüssiger zu sprechen. Die Pflege ist dort überwiegend sehr nett und erklärt auch sehr viel. Fragen ist immer gut – auch wenn man durch die Sprachbarriere nicht alles versteht, zeigt man wenigstens Interesse und darf dann auch später etwas mehr selbst machen. Ich persönlich kann aber nicht bestätigen, mehr gedurft zu haben als hier in Europa, eher andersrum. Aber ich habe während meiner Zeit auch einen kennengelernt, der z.T. eine Amputation unter Aufsicht selbst durchführen durfte – und ebenfalls noch nicht mal mit dem Studium angefangen hat. Und auch die Anwesenheitskontrolle war Hospital sehr viel strenger als in anderen Krankenhäusern in Córdoba, was ich aber nicht so störend fand, schließlich will man das meiste aus dem Praktikum rausholen.
Grundsätzlich kann ich nur sagen: die Erfahrung, in einem argentinischen Krankenhaus gearbeitet zu haben, würde ich jedem angehenden Mediziner nur wärmstens empfehlen.
Meistens bestanden meine typischen Aufgaben im Krankenhaus aus Kurzausflügen zur Apotheke, sämtliche Pflegeutensilien zum Patientenbett herbeischleppen, Patienten waschen und Urinkatheter leeren – also nichts, was man nicht auch in Deutschland machen müsste. Für einen Tag durfte ich auch bei einer Operation zuschauen, wobei ich draußen vor der Tür bleiben musste und durch das Fenster zusehen durfte.
Ich persönlich habe jetzt in meinem letzten Monat Pflegepraktikum in Österreich wirklich den geregelten Ablauf und die Ordnung zu schätzen gelernt, aber das muss jeder selbst für sich entdecken.
Zum Schluss noch, was mir während meines Aufenthalts aufgefallen ist und was für die zukünftigen Praktikanten vielleicht noch von Vorteil wäre:
Es ist durchaus ratsam, zu dem empfohlenen Arztkittel auch, falls bereits vorhanden, eine passende Hose mitzunehmen. Die Bekleidung wird nämlich nicht vom Krankenhaus gestellt und wenn mal was auf die eigene Freizeithose kommt, ist das nicht unbedingt so spaßig oder gar hygienisch.
Außerdem kann es nicht schaden, bereits vor Antritt des Praktikums sich die spanischen Begriffe der geläufigsten Pflegeutensilien zu merken, von guantes (Handschuhe) über arujas (Nadeln) bis zu cinta (Klebestreifen).
Und falls ihr – wie ich – zu dem Zeitpunkt noch nicht angefangen habt zu studieren, ist es dennoch schon empfehlenswert, sich bereits etwas mit der Terminologie auseinanderzusetzen. Vom Lateinischen her kann man sich dann viele der spanischen Bezeichnungen für bestimmte Krankheiten herleiten und ist nicht mehr komplett ratlos, wenn der freundliche Arzt einem ausführlich etwas von edema (Ödem) oder neumonía (Pneumonie) erzählt.
Alles in allem kann ich jedem, dem der NC einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, oder der nach 12 Jahren Tortur in der Schule gerade wirklich keine Lust aufs sechsjährige Studium hat, nur raten, dies als einen Wink des Schicksals anzusehen und sich auf eine einmalige Zeit zu freuen. Und verschwendet ist diese Zeit garantiert nicht: nicht nur macht es sich super im Lebenslauf und bereichert eure Persönlichkeit, sondern ihr habt auch bis zum Physikum freie Semesterferien, wenn ihr diese drei Monate Pflegepraktikum bereits vorher abgeleistet habt. Da werden die anderen neidisch sein!
Andrea-H. Sch. aus Österreich